Manchmal hilft da nur beten!

Gedanken zum Sonntag Rogate 17.Mai 2020
 Pfarrerin Ursula Borchert


Es ist schon recht lange her und doch fällt mir immer mal wieder kleine Begegnung während eines Praktikums in einem Krankenhaus in Gelsenkirchen ein.
Ich war an diesem Tag im Haus unterwegs, musste auf ganz verschiedene Stationen und besuchte Menschen mit den unterschiedlichsten Erkrankungen.

Mal waren sie noch recht jung und eine Diagnose hatte sie völlig aus der Bahn geworfen. Wie alles werden würde konnte ihnen noch niemand sagen. Verunsicherung, Verzweiflung, viele Fragen gingen durch ihre Gedanken. Antworten, die alles aus dem Weg räumen konnten, gab es nicht.

Mal waren sie voller Freude, hatten ihr Neugeborenes im Bettchen an der Seite oder auf dem Arm. Alles, was es auszuhalten gab, war wie weggeblasen – Glück füllte ihr Herz, voll Zärtlichkeit war ihr Blick, unendliche Liebe und große Dankbarkeit sprachen aus ihren Worten.
      
Mal waren sie schon sehr gelassen, blickten zurück auf Vieles, das in ihrem Leben geschehen war,
Sie erzählten von großer Weltgeschichte, die sie durchlebt hatten, und ganz persönlichen Situationen, die sich ihnen als Aufgabe und Herausforderungen stellten. Sie waren gedanklich bei dem, was nicht vollendet werden konnte, was bruchstückhaft bleiben würde und dem, was sie gut abschließen konnten.
Und beides wurde begleitet von Nachdenklichkeit, Erinnerung, so manchem „ach schade“, von Freude,   
Dankbarkeit und Gelassenheit.

„Manchmal hilft da nur beten!“
Worte, die mich aus meinen Gedanken rissen - mitten im Aufzug, der mich auf die nächste Etage bringen sollte. Mit mir zusammen war ein Patient eingestiegen. Wir grüßten einander und für diesen kurzen Momente der gemeinsamen Fahrt sagten wir nichts. Jeder schien den eigenen Gedanken nachzuhängen. Das Ziel war erreicht, die Aufzugtüren öffneten sich. Ein kurzer Blick und dann dieser eine Satz: „Manchmal hilft da nur beten!“ Ein ‚Auf Wiedersehen‘ – und schon ging es weiter, für mich im Aufzug, für ihn über den nächsten Flur. „Wie recht er hat“, dachte ich wieder in Gedanken bei den Frauen und Männern, die ich besucht hatte. Und es war wie eine Antwort auf die Frage, die ich mir nicht nur einmal in dieser Zeit gestellt hatte.
     
Wieviel Kraft steckt in Gebeten, in diesen Worten, die wir an Gott richten dürfen!
In ihnen dürfen wir Gedanken ausdrücken, die wir nicht in große und wohlformulierte Sätze packen müssen, die so aus uns heraussprudeln dürfen, wie wir sie in unserer Sorge und Freude, in Traurigkeit und Enttäuschung, in Nachdenklichkeit, Wut oder mit aufkeimender Hoffnung aussprechen können. Und wenn uns für das, was wir erleben, die Worte fehlen oder wie man so sagt ‚die Spucke wegbleibt‘, dürfen wir ganz gewiss sein, dass unsere Gedanken und Gefühle auch so als Gebet bei Gott ankommen.

Und dann gibt es ja auch noch das, was wir sozusagen abgespeichert haben. Worte, die wir in der  
Schule, im Konfirmandenunterricht oder zu Hause von Eltern oder Oma oder Opa mal gelernt haben und in jedem Gottesdienst beten. Oder uns in diesen Zeiten sicherlich oft am Abend zu Hause diese alten und vertrauten Worte über die Lippen kommen und wir uns miteinander verbunden fühlen, auch wenn wir uns nicht sehen können. Am heutigen Sonntag, der den Namen ‚Rogate‘, ‚Bittet!‘, trägt, sind uns diese Worte vielleicht besonders nahe.
   
Vater unser im Himmel
Im Evangelium nach Matthäus (Matthäus 6, 9-13)  wird dieses Gebet Jesu überliefert und im    
Lukasevangelium (Lukas 11) antwortet Jesus auf die Frage der Jünger nach dem rechten Beten, indem er die Worte spricht, die für Christen weltweit, zum Inbegriff des Betens geworden sind – in allen
Gottesdiensten und ganz persönlich, dann wenn unser Herz übervoll ist oder unser Kopf ganz leer. Dieses Gebet verbindet Christinnen und Christen in aller Welt und über die verschiedenen christlichen Konfessionen. Miteinander und füreinander kann es überall gebetet werden und gibt Heimat dort, wo man sich fremd fühlt. Es bringt das zum Ausdruck, was zum Leben notwendig ist, drückt Sehnsucht und Verbundenheit aus und lässt es zu, dass jeder und jede die eigenen Hoffnungen, Bitten und Sorgen dort eingebunden fühlt. All das, was wir denken und fühlen, ist aufgehoben, wenn wir allein oder gemeinsam mit anderen beten:
„Vater unser im Himmel! Geheiligt werden dein Name.
Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Einen gesegneten Sonntag, eine gesegnete Zeit Ihnen und Euch allen!

Psalm 66, 20

Spruch der Woche:

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft

Noch seine Güte von mir wendet. (Psalm 66,20)

und lässt unsere Füße nicht gleiten.

Unser Vater

1.Bist zu uns wie ein Vater, der sein Kind nie vergisst.
Der trotz all seiner Größe immer ansprechbar ist.

2. Deine Herrschaft soll kommen, das, was du willst, geschehn.
Auf der Erde, im Himmel sollen alle es sehn.

3. Gib uns das, was wir brauchen, gib uns heut unser Brot.
Und vergib uns den Aufstand gegen dich und dein Gebot.

Refrain:
Vater, unser Vater, alle Ehre deinem Namen!
Vater, unser Vater, bis ans Ende der Zeiten. Amen.

4. Lehre uns zu vergeben, so wie du uns vergibst.
Lass uns treu zu dir stehen, so wie du immer liebst.

5. Nimm Gedanken des Zweifels und der Anfechtung fort.
Mach uns frei von dem Bösen durch dein mächtiges Wort.

6. Deine Macht hat keine Ende, wir vertrauen darauf.
Bist ein herrlicher Herrscher und dein Reich hört nie auf.

Refrain:
Vater, unser Vater, alle Ehre deinem Namen!
Vater, unser Vater, bis ans Ende der Zeiten. Amen.

(EG plus Nummer 54)

Ein Gebet in vielen Sprachen

Hier kann man das Vaterunser in verschiedenen Sprachen hören:

https://www.evangelisch.de/quiz/vaterunser-in-500-sprachen 

Segenswunsch

Gott, wir leben hier – segne uns.
Du schickst uns in die Welt – behüte uns.
Du gibst uns Aufgaben
- lass dein Angesicht über uns leuchten.
Wir versagen oft – sei uns gnädig.
Wir fühlen uns oft allein
- erheb dein Angesicht auf uns.
Gib uns und der Welt Frieden.

zu den Impulsen der anderen Sonn- und Feiertage