Denk an

Ein Impuls zum Sonntag Reminiszere 28.02.2021 von Pfarrerin Ursula Borchert

Haben Sie das auch schon mal gesehen:  

kürzere oder längere Reihen mit bemalten Steinen? Oder vielleicht auch nur einen bunten Stein, an dem ein kleiner Hinweis lag:  dass man gern einen zweiten oder dritten dazulegen könne oder dieser Stein mitgenommen werden darf, um ihn an anderer Stelle abzulegen oder er gern gegen einen anderen ausgetauscht werden kann?

Die Fundorte solcher Steine können ganz unterschiedlich sein, direkt an einemWegrand oder auf einer Mauer, an einer Stelle, an der viele Menschen vorbeigehen oder an einem ruhigen Plätzchen, an dem man gern auch mal etwas länger verweilt.

Ich habe eine solche Steinschlange im letzten Jahr das erste Mal an der ältesten Schwebefähre Deutschlands gesehen, einem besonderen Denkmal-Ort in Osten-Hemmor im Kreis Cuxhaven.

Steine, die verbinden sollten, die Gemeinschaft auf Abstand schafften, die mit hellen, bunten Farben von Fröhlichkeit und Hoffnung erzählten, oder in dunklen Schriftzügen oder Bildern von Kummer und Sorgen, Angst und Bedrohung. Im Wechselspiel von hell und dunkel, trist und bunt sind sie „Denk-an“-Steine geworden – in diesen besonderen Zeiten – und sie sind es bis heute geblieben.

 „Denk an“ – Gedenkt – Reminiszere – so heißt der heutige 2. Sonntag in der Passionszeit.

Gott, denk an uns an diesem Morgen, an diesem Tag: gedenke unserer Hoffnungen und Sorgen, unseres Suchens und unserer Sehnsucht, unseres Wollens und unserer Schuld.

Und:

Mensch, denk an Gott: gedenke seine Liebe, die er uns geschenkt hat;in seinem Sohn, in seinem Wort auch an diesem Morgen und jeden Tag neu.

Denke daran, dass

„Gott uns seine Liebe darin erweist,

dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren“.

So hat es Paulus im Römerbrief formuliert und wir dürfen diesen Gedanken alsWochenspruch mitnehmen in die kommende Woche der Passionszeit auf unserem Weg zum Osterfest.

Um im Bild unseres Steines zu bleiben, ist in einem der Bibeltexte, die für den heutigen Sonntag bedacht werden können, auch von einem besonderen Stein die Rede.

In den letzten Tagen Jesu in Jerusalem, so beschreibt es der Evangelist Markus im

12. Kapitel erzählt Jesus das Gleichnis von den Pächtern eines Weinbergs.

Er beschreibt die Mühe, die sich der Weinbergbesitzer mit der Anlage und Pflege

des Weinbergs macht, ihn dann verpachtet und auf Reisen geht.

Nach einiger Zeit kehrt er zurück, möchte seinen Anteil an der Weinbergernte habenund schickt einen seiner Knechte zu den Pächtern.

Statt aber auf dem Rückweg den Ernteanteil im Gepäck zu haben, kommt er mit einer blutigen Nase zurück - und den anderen, die dann geschickt werden, ergeht es nur noch schlimmer. Den letzten Knecht kostet der Auftrag sogar sein Leben. Selbst vor dem Sohn des Weinbergbesitzers machen die Pächter nicht Halt -und töten auch ihn.

Schriftgelehrte, Hohepriester und Älteste, die dieses Gleichnis hörten, spürten,dass Jesus darin von ihnen sprach. Sie führten mit ihm als Sohn Gottes ja das Gleiche im Schilde. Wie muss es sich für sie wohl angefühlt haben, als sie diese Worte hörten und dann auch noch an die alten Schriften erinnert wurden, die sie selbst ja nur zu gut kannten: Habt ihr denn nicht dieses Schriftwort gelesen (Ps 118,22-23):

» Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden.

Vom Herrn ist das geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen«?

So mussten sie sich fragen lassen.

Da ist er, dieser besondere Stein.

Ein Stein, der zunächst von den Bauleuten als nicht-brauchbar eingeschätzt wurde,

wird dann zu einem der wichtigsten Steine des Hauses. Ecksteine sind glatt oder grob behauene Werksteine, die an den Ecken eines Bauwerkes oder in dessen Tür- und Fensterrahmungen eingesetzt werden. Für ein Bauwerk sind sie unverzichtbar, verbinden, halten Spannungen aus, geben festen Halt. 

 

Als Bildwort wird Jesus zum Eckstein, den Menschen zunächst verworfen haben,

der aber von Gott selbst dazu ausgewählt wurde, dem ganzen Haus Gottes Halt und Sicherheit zu geben und unverzichtbar zu sein.

 

Ich denke zurück an die „Denk-an“ Steine, - kleine Zeichen für Verbundenheit und

Sicherheit, Zusammensein und Gemeinschaft. Sie werden uns in den kommenden Wochen an der ein oder anderen Stelle wieder begegnen – in den biblischen Geschichten dieser Zeit bis zu dem Stein, der den Frauen am Ostermorgen auf ihrem Weg zum Grab Jesu Sorgen bereitet, weil sie nicht wussten, wie sie ihn weggewälzt bekommen würden. Dieser Stein, den sie bei ihrer Ankunft aber schon auf wunderbare Weise zur Seite gerollt vorfanden. 

 

KummersteineHoffnungssteine. Vielleicht auch „Denk mal an“-Steine!

 

Mit vielen guten Gedanken wünsche ich Ihnen, dass es Ihnen guttut, der Aufforde-rung und Bitte dieses Sonntags nachzukommen, Gottes Liebe und seiner Barmherzigkeit zu gedenken.Auf Ihrem Weg durch die nächsten Tage mögen viele bunte Hoffnungssteine liegen, kleine und große.

Vielleicht legen Sie einen oder mehrere dazu, vielleicht nehmen Sie einen Stein mit

oder tauschen ihn gegen einen anderen aus.

Gottes Segen sei mit Ihnen und allen, mit denen Sie sich verbunden fühlen!

gesehen in Osten-Hemmor

Ins Wasser fällt ein Stein,
Ganz heimlich, still und leise;
Und ist er noch so klein,
Er zieht doch weite Kreise.
Wo Gottes große Liebe
In einen Menschen fällt,
Da wirkt sie fort
In Tat und Wort
Hinaus in uns're Welt.

Ein Funke, kaum zu seh'n,
Entfacht doch helle Flammen;
Und die im Dunkeln steh'n,
Die ruft der Schein zusammen.
Wo Gottes große Liebe
In einem Menschen brennt,
Da wird die Welt
Vom Licht erhellt;
Da bleibt nichts,
Was uns trennt.

Nimm Gottes Liebe an.
Du brauchst dich nicht allein zu müh'n,
Denn seine Liebe kann
In deinem Leben Kreise zieh'n.
Und füllt sie erst dein Leben,
Und setzt sie dich in Brand,
Gehst du hinaus,
Teilst Liebe aus,
Denn Gott füllt dir die Hand.

Text und Melodie: 

Kurt Kaiser

Zum Nachhören: www.youtube.com/watch=

 

 

 

Bildnachweis: By Lienhard Schulz - Own work, CC BY-SA 3.0,