Ein Impuls von Pfarrerin Ulrike Menzel und Orgelspiel von Ute Wiegard

SINGT SANA SANANINA

 

Ein eigenartiger Sonntag „Kantate“.

Schon wieder oder immer noch dürfen wir nicht das tun,

wozu sein Motto aufruft:

 „Singet, singet dem Herrn ein neues Lied!“

Immer noch besteht die Gefahr, dass sich andere infizieren.

Also singen wir nicht.

Es schmerzt. Wir haben Sehnsucht;

mögen so gerne wieder mit unserem Atem

und unserer Stimme ausdrücken, was wir glauben;

mögen so gerne wieder eins sein im Gesang,

einstimmig oder vielstimmig,

leise oder laut,

schief oder notensicher

Gott loben und danken,

Gott anrufen und anflehen,

„Halleluja!“  singen oder „Hosianna!“,

„Lobet Gott!“ oder „Hilf doch, Gott!“,

„Bless the Lord!“ oder „Sana sananina!“

 

Ein eigenartiger Sonntag „Kantate“.

Das „Hosianna“ kennen wir aus der Palmsonntagsgeschichte.

Jesus zieht auf einem Esel in die Stadt Jerusalem ein

und die Menge ruft und jubelt „Hosianna!“.

Er ist zugleich Heils- und Hilferuf.

„Hilf doch, Jesus!“

Und der Zuruf besingt, was der Name Jesus ausdrückt:

Gott hilft, Gott ist die Rettung.

Und dann, komisch eigentlich,

ist genau diese Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem

neuer Predigttext zum Sontag Kantate geworden.

Warum?

Wird hier ein wunderschönes neues Lied angestimmt?

Es heißt:

Da fing die ganze Menge der Jünger an,

mit Freuden Gott zu loben

mit lauter Stimme über alle Taten,

die sie gesehen hatten, 

und sprachen: 

Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! 
Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!
Eigenartig, denn das Hosianna ist „weg“.
Es kommt hier gar nicht vor.
Und es singt auch nicht die Volksmenge
sondern Jesu Jügerschar.
Und statt dem bekannten „Gloria“, dem
„Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden“ ,
ist der Friede auf Erden „weg“.

Aber: Die Jünger singen!
Mutig eigentlich, in dieser brenzligen Situation,
in der einige in der Stadt Jerusalem nur darauf warten,
Jesus gefangen zu nehmen und zu töten.
Keine friedlichen Absichten warten auf Jesus in dieser Stadt.
Frieden wird er bei Gott finden
nicht jedoch auf dieser friedlosen Erden.
Und die mutigen  Jünger schweigen nicht,
erheben laut hörbar ihre Stimmen,
stehen zusammen, sind eins im Glauben
und singen, singen, singen…
trotz aller Angst.
Sie singen, singen, singen davon, was sie
mit diesem wunderbaren Menschen Jesus erlebt haben,
dass durch ihn Gott da und nah ist.

Dieser Gesang hat es in sich.
„Können die nicht aufhören zu singen,  Jesus?“,
fordern die Pharisäer.
„Das wird uns hier ungemütlich.“
Die Pharisäer merken, welch eine Kraft
in dem Gesang der Jünger steckt
und wollen das unterbinden und untersagen.
Warum?
Es besteht die Gefahr, dass sich andere infizieren lassen
und mitsingen, auch an Jesus glauben und ihm vertrauen.
Der Gesang könnte die ganze Stadt erfassen,
ein Gesang gegen die Gewalt,
ein Gesang vom Frieden,
ein Gesang, der Gott lobt.

Singen hat Kraft, und das in dieser Situation,
in der so manche und so mancher denkt,
„Was für ein machloser komischer König soll das denn sein,
ein König der Armen, reitet auf einem Esel
und hat weder eine Streitmacht noch eine Rüstung,
ist einfach ein normaler verletzlicher sterblicher Mensch.
Der Gesang der Jünger hat insofern Kraft,
als dass sie mit ihrem Gotteslob
zugleich das Menschsein und die Menschlichkeit loben.
Sie wollen nicht schweigen und davon singen,
dass in diesem sterblichen Jesus
Gott einer von uns geworden ist.

Und dann sagt Jesus etwas Bewerkenswertes zu den Pharisäern,
die nichts lieber wollen, als dass die Jünger aufhören zu singen.
Jesus entgegnet ihnen:
„Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden,
so werden die Steine schreien.“
Können Steine sprechen?
Können Steine singen?
Können Steine schreien?
Anscheinend  ja.
Selbst wenn Menschen mundtot gemacht werden,
können Steine davon erzählen,
was geschehen ist,
was geschieht,
was geschehen wird -
seien es Grabsteine,
seien es Ruinen,
seinen es die Steine einer Stadt,
eines Palastes, eines Tempels, einer Kirche.

Selbst eine verlassene Kirche kann zu einem Resonanzraum werden,
kann vom Glauben erzählen.
Und so stelle ich mir vor,
wie unsere verlassene Matthäuskirche im Moment
von all den Melodien und Gesängen zehrt,
die schon in ihr ertönt sind,
sie wie einen Schatz in ihren Mauern bewahrt
bis sie einst wieder in ihr ertönen
und unsere Herzen und Seelen weit werden lassen,
uns einstimmen lassen in ein gemeinsames Halleluja oder Hosianna,
und wir tun können, wozu uns der Sonntag Kantate  eigentlich auffordert:
„Singet dem Herrn ein neues Lied“.

Und hier nun ein neueres „Hosianna“,
ein fröhlich beschwingtes Sana sananina aus Afrika,
gespielt von Ute Wiegard, unserer Organistin, auf unserer Orgel,
womit unsere Herzen und unsere leere Matthäuskirche
mit einer neuen Melodie bereichert und erfüllt werden möge.
Wer mag, kann gerne mitsingen:
Sana sananina, sana sana sana ://
Sana, sana, sana, sananina, sana sana sana ://
Amen.

Orgelspiel von Ute Wiegard aus der Matthäuskirche:

"Sana sananina!"

"Hosianna - Sana  Sananina"

Orgelspiel aus der Matthäuskirche

im Video nach dem Impuls

Wochenspruch

„Cantate!“ – „Singet!“
„Singet dem Herrn ein neues Lied,
denn er tut Wunder!“
Psalm 98, 1

Predigtext für den Sonntag Kantate

Lukas 19, 37 - 40

Als Jesus das Wegstück erreichte,
das vom Ölberg zur Stadt hinunterführt,
brach die ganze Schar der Jünger
in Freudenrufe aus;
mit lauter Stimme priesen sie Gott
für all die Wunder, die sie miterlebt hatten.

»›Gesegnet sei er, der König,
der im Namen des Herrn kommt!‹«
riefen sie.
»Frieden bei dem, der im Himmel ist,
Ehre dem, der droben in der Höhe wohnt!«

Einige Pharisäer aus der Menge
erhoben Einspruch.
»Meister«, sagten sie zu Jesus,
»verbiete es deinen Jüngern,
so zu reden!« 
Doch Jesus gab ihnen zur Antwort:
»Ich sage euch:
Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien!«

 

(Neue Genfer Übersetzung)

Gebet zum Sonntag Kantate

 

Gott,

Missklänge

und falsche Töne

stören unsere Lebensmelodie.

Einklang gelingt nicht.

Anstatt uns aufeinander abzustimmen,

gibt jeder seinen eigenen Ton an.

Das stößt ab und trennt.

Wir rufen zu dir:

Hilf uns und erbarme dich unser.

Amen

 

Christian Zippert,
in: Neue Praxishilfe Gottesdienstliturgie Bd 1:  S. 514